Funktion und Definition von Mikrobiom und Darmbakterien
Wie und warum hängen der Darm und das Immunsystem zusammen?
Verstopfte Nase, Husten oder Fieber. Oft krank oder nie wirklich gesund? Ein unausgewogenes Mikrobiom (Dysbiose) wird mit chronischen Entzündungen und Infektionskrankheiten in Verbindung gebracht. Gesundheit von Körper und Immunsystem können über das Darmmikrobiom beeinflusst und verbessert werden.1
Was genau versteht man unter dem Mikrobiom?
Der menschliche Körper, einschließlich des Darms, der Haut und anderen Schleimhäuten, ist von einer enormen Anzahl an Mikroorganismen besiedelt, die zusammen als Mikrobiom oder Mikrobiota bezeichnet werden. Die Begriffe Mikrobiota und Mikrobiom werden oft als Synonym verwendet.
Die Definition des Mikrobioms bezieht sich auf alle Mikroorganismen und ihr genetisches Material, die in einer gemeinsamen Umgebung vorkommen und dem Beitrag, den diese Mikroorganismen zur Gesundheit des menschlichen Körpers leisten (oder eben nicht). Auch Krankheitserreger bilden einen Teil des Mikrobioms. Mikrobiota beschreibt hingegen die eigentlichen Bakterien. Es gibt unter anderem eine orale Mikrobiota des Mundes, eine Mikrobiota der Haut und eine Darm-Mikrobiota.2
Wie funktioniert das Mikrobiom?
Entlang des Gastrointestinal-Trakts ist die Anzahl der Mikroorganismen sehr unterschiedlich und wird hauptsächlich von Bakterien repräsentiert. Den größten Teil des menschlichen Mikrobioms bilden die Darmbakterien, also die Darmmikrobiota. Umgangssprachlich ist hier die Rede von der Darmflora. Der Darm bildet das Zuhause von Billionen Bakterien, die täglichen Einfluss auf das Wohlbefinden und die Gesundheit nehmen.1,3
Der Aufbau beginnt bereits bei der Geburt und bildet die Basis für ein gesundes Heranwachsen. Studien belegen, dass Lebensstil und Umweltfaktoren in den frühesten Lebensphasen am einflussreichsten auf die Entwicklung des Mikrobioms sind. Dies beruht darauf, dass in dieser Phase die sogenannten Immun- und Stoffwechselkaskaden unter dem Einfluss der Mikrobiota heranwachsen.1,3
Es ist sehr günstig, wenn im menschlichen Darm sehr viele verschieden Bakterienarten anzufinden sind. Denn jede Bakterienart übernimmt eine bestimmte Aufgabe und unterstützt somit wichtige körperliche Funktion, wie etwa die Nährstoffverwertung, die Resistenz gegen Infektionen, die Reifung des Immunsystems und diverse Stoffwechselvorgänge. Das Mikrobiom variiert durch die Auswirkungen der Ernährung, Medikamenten, ethnischer Zugehörigkeit, Geografie sowie Lebensstil von Mensch zu Mensch und verändert sich mit dem Alter.1,3
Welchen Zusammenhang gibt es zwischen dem Mikrobiom und dem Immunsystem?
Als größte Schnittstelle zwischen Körper und der äußeren Umwelt bildet der Darm eine Riesenangriffsfläche für Bakterien, Viren und andere Eindringlinge. Das menschliche Immunsystem ist im gesamten Körper anzutreffen und sehr komplex. Zum Immunsystem zählen physische Grenzen, lymphatische Organe, Schleimhäute, und spezielle weiße Blutzellen.
Leukozyten sind die Zellen des Immunsystems und werden in verschiedene Zelltypen unterteilt (Granulozyten, Makrophagen, natürliche Killerzellen / NK-Zellen). Es wird zwischen der unspezifischen Abwehr, die bereits ab der Geburt aktiv ist, und dem erworbenen spezialisierten Immunsystem unterschieden. Beide Systeme sind sehr eng miteinander verbunden. Treten Bakterien oder Viren in den Körper ein, wird die unspezifische Abwehr aktiv und zerstört die fremden Zellen. Die spezifische Abwehr erkennt getarnte Fremdzellen, die von der unspezifischen Abwehr übersehen werden und markiert die gefährlichen Erreger mit speziellen Antikörpern, so dass diese für natürliche Killerzellen sichtbar werden.1,2,4
80% der menschlichen Immunzellen sind in der Darmschleimhaut, im darmassoziierten Immunsystem (GALT - „Gut-associated lymphoid tissue“), anzutreffen. Die Zellen im GALT halten engen Kontakt mit den Bakterien im Darm, daher ist für ein funktionierendes Immunsystem ein gesundes Mikrobiom unumgänglich. Wird der Darm unterstützt, so wird auch das Immunsystem gestärkt.1,2,4
Darmbakterien entwickeln und regulieren das Immunsystem.
Gleichzeitig beeinflusst das Immunsystem die Zusammensetzung des Darmmikrobioms.
Der Gastrointestinal-Trakt und Immunsystem sind in ständiger Kommunikation und sehr eng verbunden. Die Darmmikrobiota hilft demnach nicht nur bei der Verwertung von Nahrungsmitteln, sondern unterstützt durch die Darmbakterien auch die Abwehr von gesundheitsgefährdenden Erregern und somit das Immunsystem.
Mikroorganismen der Darmschleimhaut interagieren mit krankheitserregenden Bakterien und können das Immunsystem dazu anregen, das Gleiche zu tun. Somit gewährleistet das Immunsystem eine günstige Zusammensetzung der Mikrobiota, indem es die Überwucherung bestimmter Bakterien kontrolliert und auf krankheitserregenden Bakterien oder Moleküle, die auf die die Darmbarriere treffen reagiert.1,2,4
Wenn das Immunsystem ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Toleranz gegenüber kommensalen (nicht schädlich), mutualistischen (nützlich) und opportunistischen (pathogenen = eine Krankheit verursachenden) Bakterien herstellen kann, ist die Rede von der Darmhomöostase.1,2,4
Die Homöostase beschreibt das Gleichgewicht und das Aufrechterhalten konstanter Verhältnisse im Darm, welches essenziell ist für den Erhalt überlebenswichtiger Funktionen im Organismus ist. Dieses Gleichgewicht ist nur dann aufrecht, wenn das Immunsystem mit der Darmmikrobiota kommunizieren kann, und dafür ist eine gesunde Darmbarriere notwendig.1,2,4
Autorin: Julia Schoder
Quellen:
1Wastyk, H. C., Fragiadakis, G. K., Perelman, D., Dahan, D., Merrill, B. D., Yu, F. B., Topf, M., Gonzalez, C. G., Van Treuren, W., Han, S., Robinson, J. L., Elias, J. E., Sonnenburg, E. D., Gardner, C. D., & Sonnenburg, J. L. (2021). Gut-microbiota-targeted diets modulate human immune status. Cell, 184(16), 4137-4153.e14. https://doi.org/10.1016/j.cell.2021.06.019
2La Fata, G., Weber, P., & Mohajeri, M. H. (2018). Probiotics and the Gut Immune System: Indirect Regulation. Probiotics and Antimicrobial Proteins, 10(1), 11–21. https://doi.org/10.1007/s12602-017-9322-6
3Shanahan, F., Ghosh, T. S., & O’Toole, P. W. (2021). The Healthy Microbiome—What Is the Definition of a Healthy Gut Microbiome? Gastroenterology, 160(2), 483–494. https://doi.org/10.1053/j.gastro.2020.09.057
4Harper, A., Vijayakumar, V., Ouwehand, A. C., ter Haar, J., Obis, D., Espadaler, J., Binda, S., Desiraju, S., & Day, R. (2021). Viral Infections, the Microbiome, and Probiotics. Frontiers in Cellular and Infection Microbiology, 10, 596166. https://doi.org/10.3389/fcimb.2020.596166